Stiftungsratskomitee des PK-Netz gegen BVG-Reform
Die BVG-Reform ist nicht nur aus politischen, sondern auch aus fachlichen Gründen abzulehnen. Die Vorlage ist fachlich unausgegoren, unnötig kompliziert und teilweise noch unklar. Sie bringt das BVG nicht weiter, im Gegenteil.
Die einzelnen Entscheide zu Eintrittsschwelle, Koordinationsabzug, neue Sparbeiträge, Rentenzuschläge sind zufällig und nicht aufeinander abgestimmt. Das führt teilweise zu grossen Verwerfungen.
Die Senkung des Umwandlungssatzes von 6.8% auf 6.0% entspricht einer Rentenkürzung von 12%. Um diesen Abbau wenigstens für eine Übergangsgeneration (15 Jahrgänge) abzufedern, wurden Rentenzuschläge beschlossen. Die Umsetzung ist aber gänzlich danebengegangen. Diese Zuschläge sind nicht bedarfsgerecht und nicht zielgerichtet. Es wird zukünftige Rentner und Rentnerinnen geben, die höhere Beiträge zahlen und gleichwohl eine tiefere Rente erhalten werden. Umgekehrt kann es auch vorkommen, dass zukünftige Rentner und Rentnerinnen einen Zuschlag erhalten, obwohl sich bei ihnen durch die Reform nichts ändert. Was ist der Sinn dahinter?
Die Senkung der Eintrittsschwelle und die Änderung des Koordinationsabzugs mögen gut gemeint sein. Die Folge wäre eine massive Beitragserhöhung gerade bei Wenigverdienenden. Sechs- bis siebenmal höhere Beiträge wären Realität und damit eine Nettolohnkürzung von bis zu drei und mehr Prozent! Die Versichertenverwaltungskosten (ohne Vermögensverwaltungskosten) liegen heute je nach Pensionskassen-Typ bei bis zu 500 oder gar 600 Franken pro Destinatär (Quelle: Swisscanto Pensionskassenstudie). Es ist nicht effizient, bei solchen Kosten jährliche Altersgutschriften von gerade mal CHF 1’500 oder 2’000 anzusparen.
Hinzu kommt die Anrechnung der Ergänzungsleistungen: Jahre- oder gar jahrzehntelang viel mehr einzahlen, um dann eine kleine Rentenerhöhung zu erhalten, die von der Reduktion der Ergänzungsleistungen gleich wieder weggefressen wird?
Die Pensionskassen müssten bei Annahme der Reform einen erheblichen Mehraufwand stemmen (individuelle Abklärungen bezüglich Anspruchsvoraussetzung für Rentenzuschlag bei Pensionierung), hinzu kommen die Kosten für die Rentenzuschüsse (11 Milliarden innert 15 Jahren.)
Den Pensionskassen geht es heute sehr gut. Fakt ist: Bereits heute verdienen die Versicherungsgesellschaften trotz Umwandlungssatz von 6,8% sehr viel Geld. Nun soll der Umwandlungssatz gesenkt werden – das Gewinnpotenzial der Versicherer würde noch grösser. Nichts hingegen wird unternommen, um die Abzockerei mit überrissenen Risikoprämien, hohen Brokerkosten und miserablen Verzinsungen zu unterbinden.
Fazit: Lieber keine Reform als diese! Es handelt sich nicht um ein «kleineres Übel» und auch nicht um einen wie auch immer gearteten «Kompromiss», sondern um eine Reform, die in die falsche Richtung geht. Das Vertrauen in die 2. Säule ist bereits angeschlagen. Mit dieser Vorlage wird es nur schlimmer. Der Vorwurf, die Linke wollte das BVG abschaffen, um die AHV zu stärken, ist falsch: Diese Reform würde dem BVG schaden; denn sie schafft noch mehr Unsicherheit und noch mehr Misstrauen!
Jordi Serra, PK-Netz Präsident