Corona und die Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt – wie steht es um den Vorsorgeschutz in der beruflichen Vorsorge?

Nach der ersten Schockbewältigung von Corona und den Massnahmen, die der Bundesrat beschlossen hat, fand in den letzten Tagen die Sondersession des Parlaments statt. Schon früh wurden richtigerweise Stimmen laut, die den Miteinbezug der Legislative im Umgang mit der Corona-Krise einforderten. Nun zeigt sich: Das Parlament bestätigte die vorgesehenen Massnahmen des Bundesrates und besserte da und dort nach. Bei den Fragen Wer bezahlt wie viel? Wer kriegt Unterstützung? Wer geht leer aus? spiegeln sich wenig überraschend die herkömmlichen Haltungen der Parteien wider. Starke Berufsverbände und Gewerkschaften sind in dieser Krise indessen wichtiger denn je, wenn es darum geht, die Interessen der Arbeitnehmenden zu vertreten – sei es bei Forderungen zur erweiterten Kurzarbeitsentschädigung, zum neugeschaffenen Elternurlaub oder zur Umsetzung eines besseren Gesundheits- und Kündigungsschutzes. Nicht zuletzt gelang es ihnen auch, die wichtige Debatte über die Arbeitsbedingungen von sog. systemrelevanten Berufsbranchen wieder neu anzustossen.

Coronavirus und berufliche Vorsorge

Aber wie steht es eigentlich aktuell um den Vorsorgeschutz in der 2. Säule? Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) hat in seiner gestern publizierten Mitteilung u.a. dargelegt, dass die Arbeitgeber bei Kurzarbeit weiterhin die vollen Beiträge entsprechend der normalen Arbeitszeit an die Pensionskassen entrichten müssen. Gleichzeitig sei es den Arbeitgebern erlaubt, die vollen Beiträge der Arbeitnehmenden vom Lohn abzuziehen. Das mögen in vielen Fällen schmerzhafte Sozialabzüge in einer finanziell prekären Lage sein. Das Gute daran: Der Vorsorgeschutz ist gewährleistet.

Ausserdem bleiben Personen weiterhin in der beruflichen Vorsorge versichert, deren Einkommen aufgrund der ausserordentlichen Lage dieses Jahr die Eintrittsschwelle nicht erreichen. Gestützt auf Art.8 Abs. 3 BVG behält der bisherige koordinierte Lohn Gültigkeit, sofern der Jahreslohn vorübergehend wegen Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit, Mutterschaft oder aus ähnlichen Gründen sinkt. Wir begrüssen diese Auslegung des BSV: das Ausscheiden aus der beruflichen Vorsorge infolge Corona muss verhindert werden.

Älteren Erwerbslosen den Anspruch auf eine Altersrente sichern – nun sind Stiftungsräte gefragt

Trotz der ergriffenen Massnahmen müssen wir damit rechnen, dass es zu erheblichen Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt kommt. Die Arbeitslosenzahlen sind, wie heute publiziert wurde, noch nie derart schnell angestiegen (insb. +32% Erwerbslose im Alter von 50-64 im Vergleich zum Vorjahresmonat (SECO)). Viele Arbeitnehmende verlieren in dieser schwierigen wirtschaftlichen Situation ihre Stelle. Das kann für Reinigungspersonal, für Arbeitnehmende im Gastro- oder Kulturbereich sowie in der Industriebranche genauso einschneidend sein, klar ist aber: Für ältere Erwerblose sind die Aussichten auf eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt massiv erschwert – und dies nicht erst seit der Corona-Krise.

Genau deswegen wurde bereits seit Jahren an einer Regelung gearbeitet, die es Arbeitsnehmenden ab 58 erlaubt, trotz Stellenverlust ihren Rentenanspruch in der 2. Säule zu erhalten. Im Rahmen der EL-Reform gelang es, diesen Weiterversicherungsanspruch zu verankern; der neue Art. 47a BVG wird per 1. Januar 2021 in Kraft treten. Er ermöglicht es älteren Erwerbslosen bis zum ordentlichen Rentenalter in ihrer Pensionskasse zu bleiben, und damit überhaupt einen Rentenanspruch zu erhalten – selbst wenn sie nicht mehr in der Lage sind, die entsprechenden Sparbeiträge zu leisten.

Das PK-Netz begrüsst die Implementierung des Art. 47a BVG als wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Wir bedauern aber, dass sich der gesetzliche Anspruch nur auf Versicherte beschränkt, welche ihre Stelle verlieren. Diese Einschränkung ist nicht im Interesse der Versicherten und mit einem zusätzlichen bürokratischen Aufwand für die Pensionskassen verbunden.
Die Vorsorgeeinrichtungen müssen nun ihre Reglemente im Sinne des Art. 47a BVG aktualisieren. Wir meinen: Wenn im Stiftungsrat die freiwillige Weiterversicherung ohnehin zum Thema wird, soll auch über weitergehende Möglichkeiten diskutiert werden – gerade in Zeiten von Corona ist dies dringend angezeigt. Der Gestaltungsspielraum ist vorhanden. Wir zeigen in unserem Positionspapier auf, wie auf Kassenebene möglichst versichertenfreundliche Regelungen umgesetzt werden können. Die gestern zum selben Thema publizierten Erläuterungen des BSV eignen sich sehr gut als ergänzende Lektüre. Viele offene Fragen zur Umsetzung auf Kassenebene werden darin beantwortet:

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