2. Säule als Herzstück gelebter Sozialpartnerschaft

Was haben sich Journalistinnen und Journalisten in den letzten Monaten die Hände über die anstehende BVG-Revision wund geschrieben. In der PK-Branche sind unzählige neue Reformprojekte aus dem Boden geschossen. Auch die grossen Parteien loten derzeit aus, in welcher Form sie die berufliche Vorsorge zu revidieren gedenken. Einig scheint man sich zu sein, dass die 2. Säule reformbedürftig ist. Über die inhaltliche Ausgestaltung der Reform scheiden sich aber bekanntlich die Geister.

Das PK-Netz bleibt dabei: Es ist sinnvoll und konsequent, dass die auf Kassenebene strikt paritätisch geführte Sozialversicherung auch bei Reformbestrebungen die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite bei der Lösungsfindung aktiv einbezieht. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch der BVG-Sozialpartnerkompromiss zu bewerten. Im Auftrag von Bundesrat Alain Berset haben sich die Sozialpartner bekanntlich an einen Tisch gesetzt und nach intensiven Verhandlungen einen Kompromiss präsentiert. Der Bundesrat anerkennt den Wert dieses Vorschlages, indem er seine BVG-Vorlage inhaltlich auf den Kompromiss der Sozialpartner stützt. Demnach ist sich die Bundesregierung nach der Ablehnung der Altersreform 2020 also bewusst, dass die überfällige Revision der 2. Säule nur mit einer breitabgestützten Vorlage mehrheitsfähig ist. Zudem ist die Senkung des Mindestumwandlungssatzes, wie wir alle wissen, ohne faire Kompensationsmassnahmen an der Urne schlicht chancenlos (vgl. 2010: 72,7% Nein zur Senkung des UWS).

Unter diesen Vorzeichen irritiert die Haltung der bürgerlichen Parteien, die sich bereits ablehnend zum vorgesehenen Rentenzuschlag geäussert haben. Dieses Wochenende hat auch die Mitte-Fraktion verlauten lassen, dass sie sich gegen den generellen Rentenzuschlag stellt, aber eine Kompensation mithilfe von Bundesgeldern anstrebt. Auch die Bürgerlichen sollten eigentlich aus der Vergangenheit gelernt haben und wissen, dass nur eine Vorlage, die die Interessen der Arbeitnehmenden und Arbeitgebern berücksichtigt, bei einer Abstimmung dieser Tragweite eine Chance haben kann. Aus diesem Grund macht es auch wenig Sinn, bei den Kompensationsmassnahmen auf parlamentarischer Ebene wieder bei Null anzufangen. Wie die Kompensationsgelder freigestellt würden, wie hoch sie wären und wie viele Versicherte in wie vielen Jahrgängen von diesen Zuschüssen profitieren könnten – darüber sind sich nämlich nicht einmal die bürgerlichen Parteien untereinander einig. Mit dem Rentenzuschlag der Bundesratsvorlage sind demgegenüber alle diese Fragen bereits geklärt und die Sozialpartner sind mit dem Kompromissvorschlag einverstanden. Der Weg steht also eigentlich frei, die jahrelange Blockade nun mit einer schlanken Revision zu lösen, die eine politisch gewollte rasche Umsetzung garantiert.

Die Engführung der Debatte auf eine mögliche Systemwidrigkeit des Rentenzuschlages ist unserer Ansicht nach nicht zielführend. Im Grunde geht es darum, dass die Sozialpartner eine Lösung gefunden haben, wie die berufliche Vorsorge im Interesse der Arbeitnehmenden und der Arbeitgeber zu reformieren ist. Die vorgesehenen Massnahmen sind aufeinander abgestimmt, fein austariert und führen lediglich en total zum gewünschten Resultat.

Noch eine kleine Nebenbemerkung zum viel besprochenen ASIP-Modell: Als Interessenvertretung der Arbeitnehmenden muss es uns zu denken geben, dass das ASIP-Modell keine solidarische Finanzierung der Kompensationsmassnahmen vorsieht und stattdessen diese den einzelnen Kassen überlassen will. Da dieses Modell die Erhöhung der Altersguthaben unter Anrechnung des Überobligatoriums vorsieht, würde die Reform die sog. stark umhüllenden Kassen gar nicht betreffen. Martin Kaiser, Vorsorgespezialist des Arbeitgeberverbandes findet in der aktuellen Ausgabe des Beobachters denn auch deutliche Worte: «Das Asip-Modell wurde von Vertretern überobligatorischer, ‘reicher’ Kassen für diese Kassen entwickelt.» Dem können wir nur beipflichten. Wir gehen sogar davon aus, dass gerade BVG-nahe Kassen und Kassen mit vielen älteren Versicherten solche Massnahmen nicht finanzieren könnten. Das würde die Allgemeinheit dann wiederum durch höhere Insolvenzbeiträge durch den Sicherheitsfonds BVG tragen. Dank einer zentralen Finanzierung über Lohnbeiträge werden die Kosten bei der Bundesratsvorlage demgegenüber solidarisch getragen. Dieser Solidaritätsgedanke ist für uns zentral und darf in der parlamentarischen Debatte auf keinen Fall ausgehebelt werden.

Der solidarisch finanzierte Rentenzuschlag erfüllt denn auch auf der Leistungsseite zwei wünschenswerte Zielsetzungen: Einerseits sichert er die Leistungen der Übergangsgeneration. Andererseits verbessert er die tiefen Renten von Personen, die heute nur ungenügend abgesichert sind. Beim ASIP-Modell gehen demgegenüber genau jene Versicherte leer aus, deren Rentenversprechungen in den letzten Jahren ohnehin schon massiv eingebrochen sind.

In dem Sinne: Die 2. Säule ist das Herzstück gelebter Sozialpartnerschaft, der BVG-Sozialpartnerkompromiss eine Chance, die es zu packen gilt!

Als neue Geschäftsführerin des PK-Netzes möchte ich meine erste Wortmeldung auch nutzen, um auf die Wichtigkeit und das vorhandene Potenzial unseres Vereins aufmerksam zu machen. Neben der politischen Lobbyarbeit ermöglicht das PK-Netz auch die Vernetzung der Arbeitnehmervertretungen in den Stiftungsräten.

Nirgendwo verfügen die Arbeitnehmenden theoretisch über mehr gesetzliche Mitspracherechte als in der beruflichen Vorsorge. Die höchsten Organe aller Schweizer Pensionskassen sind paritätisch von Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitgeber und der versicherten Arbeitnehmenden organisiert. Ausbildung, Information und der Austausch unter den Stiftungsrätinnen und Stiftungsräten sind deshalb unerlässliche Voraussetzungen für eine funktionierende paritätische Verwaltung unserer Vorsorgegelder – immer mit dem drängenden Anspruch, die Interessen der Versicherten zu wahren.

Das PK-Netz richtet seine Weiterbildung konsequent auf die Arbeitnehmervertretung in den Vorsorgekassen aus. Wir dürfen im Jahr 2020 erneut ein vielseitiges Weiterbildungsprogramm präsentieren.

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme.

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